Deutsche Zentralstelle für Genealogie

 

Merkblatt für Benutzer und Interessenten

(nach dem Stand von Januar 1994)

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Historisches

In Leipzig bestand bereits von 1904 bis 1967 eine "Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte". Der historische Zufall hat es gewollt, daß sich 1945 der Großteil der Bestände des Reichssippenamtes auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone befand. 1967 wurden diese Bestände und verschiedene Sammlungen von aufgelösten Vereinen in Leipzig in der "Zentralstelle für Genealogie in der DDR" zusammengeführt und im früheren Reichsgerichtsgebäude der öffentlichen Benutzung wieder zugänglich. Mit dem 3. 10. 1990 wurde die Zentralstelle, nunmehr als "Deutsche Zentralstelle für Genealogie" (DZfG), in die Hoheit des Freistaats Sachsen überwiesen und untersteht als eine Landesoberbehörde dem Staatsministerium des Innern. Da eine grundlegende Neuregelung notwendig wurde, begründete am 19.5.1992  der zuständige Referatsleiter für Archivwesen, Herr Prof. Dr. K. Blaschke, gegenüber dem Staatlichen Liegenschaftsamt den Umzug in ein eigenes Dienstgebäude mit der Feststellung: "Die Zuweisung des Hauses Käthe-Kollwitz-Str. 82 befriedigt den Raumbedarf der Zentralstelle auf unabsehbare Zeit und ermöglicht eine würdige Unterbringung, die den dienstlichen und wissenschaftlichen Erfordernissen ebenso wie der wünschenswerten Repräsentation gegenüber den Benutzern aus dem In- und Ausland entspricht." - Gebaut wurde die Villa in der Käthe-Kollwitz-Str., in der im Dezember 1993 die Zentralstelle wieder eröffnet wurde, im Jahre 1876 von Hermann Julius Meyer (bekannt als Herausgeber von Meyers Lexikon), vor dem Herbst 1989 dann mißbraucht als Stasi-Abhörzentrale.

Aufgabenstellung

Die DZfG hat die Aufgabe, aus dem gesamten deutschen Sprachraum personen- und familiengeschichtliche Publikationen, insbesondere auch ungedruckte Vorarbeiten dazu, zu sammeln, zu archivieren, zu sichern, zu erschließen und der interessierten Öffentlichkeit sowie zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschungen im Rahmen historischer, soziologischer, demographischer, namenkundlicher, humangenetischer oder juristischer Fragestellungen bereitzustellen.

Familiengeschichtliche Sammlungen des früheren Reichssippenamtes

Die in der DZfG archivierten Kirchenbuchunterlagen sind das Ergebnis der Tätigkeit des seit 1940 eingerichteten Reichssippenamtes, vormals Reichsstelle für Sippenforschung als untergeordnete Einrichtung des Reichsministeriums des Innern. Seit 1934 wurde unter der Leitung dieser Behörde systematisch mit Verfilmungen in den östlichen Provinzen West-und Ostpreußen, Pommern, Posen und Schlesien begonnen. Anschließend wurden die Verfilmungsarbeiten auf Teile des übrigen Reichsgebietes und auf damals deutsch-besiedelte Gebiete des Auslandes ausgedehnt. Als Schlußjahr für die Filmarbeiten wurde das Jahr 1875 gewählt, d.h. das Jahr der Einrichtung von Standesämtern in Preußen. Neuere Unterlagen über die Ostprovinzen sind bei uns nicht vorhanden. Nur bei den Auslandsdeutschen reichen die Verfilmungen in die Gegenwart bis 1940 (in Siebenbürgen bis 1944).           

Eine lokale oder zeitliche Vollständigkeit der Kirchenbuchüberlieferungen gibt es nicht. Nur selten sind Namenregister vorhanden. Die Lesbarkeit ist oft auf Grund des ursprünglichen Erhaltungszustandes der Bücher beeinträchtigt. Erschwerend  wirkt sich die Tatsache aus, daß die Kirchenbücher getrennt nach rechten und linken Seiten verfilmt worden sind.

Die  Auswertung solcher Kirchenbuchunterlagen kann in der Regel nur durch Direktbenutzung in Leipzig selbst erfolgen. Eine vorherige telefonische oder schriftliche Anmeldung empfiehlt sich, damit ein Arbeitsplatz an einem Filmlesegerät für Sie reserviert werden kann.

Bestandsverzeichnisse

Beim Verlag Degener & Co., D-91413 Neustadt/Aisch, Postfach 1340, ist 1991 der Teil I des Bestandsverzeichnisses der DZfG erschienen. Er umfaßt die Kirchenbuchunterlagen der östlichen Provinzen Posen, Pommern, Ost-und Westpreußen sowie Schlesien. Der Teil II (1992) umfaßt die ehemals deutsch besiedelten Gebiete im Ausland: Bessarabien, Bukowina, Estland, Lettland und Litauen, Sudetenland, Siebenbürgen, Südtirol und Slowenien. Der Teil IV ist das Bestandsverzeichnis der Ortsfamilienbücher Mitteleuropas (2. Auflage 1998).

Genealogische Spezialbibliothek

Die Bibliothek der DZfG umfaßt mit rund 30 000 Einheiten alle wichtigen genealogischen Zeitschriften, Sammel- und Nachschlagewerke des deutschen Sprachraumes sowie familienkundliche Monographien und genealogische Aufstellungen (Stammreihen,-bäume, Ahnenlisten, Familiengeschichten).

Den Grundstein für die heutige Bibliothek bildeten die Bücherei der Deutschen Ahnengemeinschaft e.V. Dresden und die Teile der Spezialbibliothek der Zentralstelle für deutsche Personen-und Familiengeschichte in Leipzig, die nicht von der Deutschen Bücherei in Leipzig übernommen worden sind.. Die Sammeltätigkeit war und ist auf familiengeschichtliche Publikationen, Memoiren und Biographien, auf schwer zugängliche private Druckschriften und Vereinszeitschriften ausgerichtet, wobei in den letzten Jahren  dabei ständig der Anteil von computergesteuert gedruckten Schriften wächst. Da die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel niemals zum Erwerb all dieser Schriften ausreichen, nimmt die Zentralstelle dankbar Schenkungen von Belegexemplaren von Privatpersonen, Vereinen und Institutionen an. Das gilt auch für Stammlisten bzw. Nachfahrenlisten, Familiengeschichten und Ortsfamilienbücher. Bei Nachlässen werden in der Regel nur wertvolle Familiengeschichten und deren Quellen sowie druckreife Manuskripte und flächendeckende Verkartungen gesammelt. Zufallsverkartungen (ohne Quellennachweise) und die üblichen Arbeitsunterlagen und der Briefwechsel von Familienforschern sind in der Regel für die DZfG nicht archivwürdig.

Der Bibliotheksbestand ist durch einen Verfasser- und Sachkatalog erschlossen.

 

Ortsfamilienbücher

Konrad Brandner prägte bereits vor 1920 den Begriff "Volksgenealogie" und versuchte als erster, die Kirchenbuchverkartung einer gesamten Landschaft, der Steiermark, zu organisieren. Nach 1920 wurden im deutschen Sprachraum mehr und mehr Kirchgemeinden auf Familienblättern verkartet und Ortsfamilienbücher gedruckt.  1937 wurde dann auf diese, anfangs und im Kern völlig unpolitische Arbeitsrichtung, die nationalsozialistische Blut-und-Boden-Ideologie aufgepropft. Bei der Edition wurden dann aus den Familienbüchern "Dorfsippenbüchern", so wie die Familiengeschichtsforschung zu dieser Zeit "Sippenforschung" hieß. In den Fünfziger Jahren begannen die deutschen Genealogen, inzwischen aller Ideologie entkleidet, an die Kirchenbuchverkartungen der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Derzeit erscheinen im deutschen Sprachraum jährlich rund 100 neue Ortsfamilienbücher. Das Saarland ist bereits fast vollständig bearbeitet. Noch größer ist die Zahl der Verkartungen, die noch nicht gedruckt sind.  Im gesamten deutschen Sprachraum läßt sich die Zahl der bereits vervielfältigten Manuskripte auf 1500 bis 2000 Orte schätzen, die Zahl der Verkartungen auf bis zu 4000, zumeist Dörfer, inzwischen aber auch schon einige Städte, ja sogar die Stadt Leipzig selbst. Da derzeit keine Stelle so etwas wie eine Übersicht über Bibliographie und Standorte der Unikate oder Kopien (zunehmend computergesteuert gedruckt in wenigen Exemplaren) hat, sieht es die Deutsche Zentralstelle für Genealogie in Leipzig als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, mit  der freiwilligen Hilfe der genealogischen Vereine an einer derartigen Übersicht für Mitteleuropa  zu arbeiten und möglichst viele Arbeiten in Leipzig zu sammeln. Die Sammlung der DZfG umfaßt derzeit rund 700 Bände. Wenn einmal Tausende von Verkartungen von Dörfern und Städten unterschiedlicher Größenordnung verteilt über den Gesamtraum vorliegen, wird es möglich sein, eine Historische Demographie und eine Sozial- und Wirtschaftsgeschichte auf repräsentativen Stichproben (mit nur einer oder wenigen zufällig ausgewählten  Familien pro Gemeinde) zu gründen, wie das in Frankreich heute bereits der Fall ist. Die Sammlung von Ortsfamilienbüchern in Leipzig ist dafür unsere Vorleistung.

 

Ahnenstammkartei des deutschen Volkes (ASTAKA) und Ahnenlistensammlung

Der seit 1921 in Dresden durch Karl Förster (1873-1931) organisierte Ahnenlistenaustausch führte 1923 zu dem Gedanken, die vollständigen Inhalte von Ahnenlisten zu verkarten. Im Gegensatz zur Einzelpersonenkartei sollte die Ahnenstammkartei Stammreihen erfassen, die durch die Angabe der angeheirateten Personen untereinander verbunden sind. Nach dem phonetischen Alphabet entsprechend der möglichen Namenvielfalt bis zum ausgehenden 19.Jh erfolgte der Aufbau dieser Kartei nach Familiennamen und innerhalb dieser nach Herkunftsorten. Auf die Nennung der Quellen, die Erschließung schwer zugänglicher Literatur und genealogischer Nachlässe sowie das Notieren von Abweichungen bis zu ihrer Klärung wurde besonderer Wert gelegt.

Die ASTAKA umfaßt heute rund 1,1, Mill. Karteikarten mit 1,4 Millionen Personen. Die dahinterstehende Ahnenlisten-Sammlung zählt derzeit rund 7000 Listen (wobei rund 5000 im Kriege verlorene Listen vorher zumeist in die Kartei eingearbeitet waren). Darüber hinaus sind die rund 800 Ahnenlisten des Ahnenlistenumlaufs (ALU) der alten Bundesländer auf Filmen verfügbar. Der territorialer Schwerpunkt der Daten liegt mit rund 40 % in Mitteldeutschland, wobei die größte inhaltliche Dichte zwischen 1600 und 1800 erreicht wird. Erstnutzer sollten daher ihre eigenen Stammreihen bis 1800, besser noch bis etwa 1720, erschlossen haben. Erst dann beginnt sich ein Blick in die ASTAKA zu lohnen. Wer in Leipzig als Direktbenutzer Auskunft aus der ASTAKA erhalten möchte, sollte vorher seine eigenen genealogischen Forschungsergebnisse (entsprechend den von der DZfG herausgegebenen Hinweisen für das Einreichen von Ahnenlisten; auch veröffentlicht in: Genealogie 41. Jg, (1992) 21-32) in zwei Exemplaren einsenden oder am Ahnenlistenumlauf  teilnehmen. 

Für Sachsen liegt inzwischen eine erste umfangreiche wissenschaftliche Auswertung dieses Materials vor: Weiss, Volkmar: Bevölkerung und soziale Mobilität: Sachsen 1550-1880. Berlin: Akademie-Verlag 1993.

Gesamtkatalog der Personalschriften- und Leichenpredigtensammlungen

Der Verein Roland e.V. zu Dresden begann 1919 einen Katalog, der sich zur Aufgabe gestellt hatte, alle bekannt gewordenen Leichenpredigten, Gelegenheitsdrucke und Personalschriften systematisch nach ihrem Standort zu erfassen und für die Familiengeschichtsforschung aufzubereiten.

In 225 Spezialkarteikästen sind heute rund 15 000 Personen alphabetisch erfaßt, d.h. daß mehr als 100 000 Personalschriften aus über 450 Sammlungen aufgearbeitet worden. Auf Grund der Mehrfachüberlieferung einzelner Drucke ergibt sich der Nachweis von ca. 324 000 Drucken. Für jede Person existiert eine Karteikarte mit Angaben zu den Lebensdaten, Ämtern, Familienangehörigen, Form und Druck der Leichenpredigt oder Gelegenheitsschrift mit Ort und Jahr, Verfasser der Predigt und ihr Fundort. Der Katalog ist nach den geehrten Personen, nicht nach Verfassern geordnet.

Schriftliche Anfragen

Für die Beantwortung schriftlicher Auskünfte ist in der Regel die Arbeitskapazität der Zentralstelle zu gering. Es wird auf Direktbenutzung in Leipzig verwiesen. Nur in Einzelfällen kann einmal ein bestimmter eng begrenzer Sachverhalt überprüft werden. In solchen Fällen sind genaue Angaben über  den bisherigen Kenntnisstand (Name, Vorname, Herkunftsort, zeitliche Daten) unerläßlich (Rückporto beilegen). Auskünfte werden nur aus den in der DZfG vorhandenen Sammlungen erteilt. Die DZfG vermittelt keine Arbeiten an dritten Orten oder an dritte Personen. Weitergehende Detailforschungen sollten in direkter Benutzung selbst durchgeführt werden. Eine vorherige telefonische oder schriftliche Anmeldung zwecks Reservierung eines Arbeitsplatzes ist zu empfehlen. Die Genehmigung zur Benutzung erteilt der Leiter der Einrichtung.

Schriftliche Vorbestellung von Literatur oder Filmen für die Direktbenutzung ist möglich.

Der Benutzersaal ist mit einer Handbibliothek ausgestattet, mit der man sich sowohl einen Überblick über genealogischen Standard- und Nachschlagewerke verschaffen kann als auch methodisch beispielgebende Forschungsarbeiten einsehen kann.

 Die DZfG wäre  überfordert, wenn sie auch die Einzelforscher anleiten oder gar Neulinge in die Genealogie einführen sollte. Dafür sind die Vereine, die Fachzeitschriften und die Fachliteratur zuständig.  Als einführende Literatur, in der  auch Adressen von Vereinen und Archiven zu finden sind und weiterführende Hinweise aller Art, empfehlen wir:

Ribbe, W. und Henning, E.: Taschenbuch für Familiengeschichtsforschung, 12.erw.Aufl., Neustadt/Aisch: Degener  2000.


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