Aus: Weiss, Volkmar:
Die IQ-Falle: Intelligenz, Sozialstruktur und Politik. Graz: Leopold Stocker 2000, S. 274f.
Die
großen und grausamen inneren Konflikte der unmittelbaren Gegenwart verlaufen
alle entlang von Unterschieden, bei denen Sprache, Religion oder äußeres
Erscheinungsbild (zusammen oder nur einer dieser Unterschiede) mit hartnäckigen
sozialen Unterschieden zusammenfallen, d.h. ohne daß erkennbar ist, daß die
Kluft durch soziale Mobilität, durch sozialen Aufstieg, in wenigen Generationen
überbrückbar ist. Rassismus (van den Berghe 1967, Greenberg 1980) ist kein speziell europäisches Problem und
schon gar kein deutsches. Z.B. hatten Einwanderer aus Indien in Uganda eine
führende Rolle in Handel und Gewerbe, ehe sie durch pogromartige Ereignisse
enteignet und vertrieben wurden. In Rwanda reichten
jüngst die längeren Finger der früheren Oberschicht, den Tutsi,
um sie bei den von den Hutus verübten Metzeleien zu
Todeskandidaten zu machen; in Burundi lösen dieselben Ursachen einen
schleichenden Bürgerkrieg aus, der wenn diese Zeilen gedruckt worden sind,
schon denselben Ausgang genommen haben kann wie in Rwanda.
Dabei deutete sich sich der Konflikt schon seit
Jahrzehnten an. Bereits 1961 schrieb z.B. der Ethnologe Maquet: „Für die Macht der Tutsis, die eine
kastenähnliche Oberschicht, die zwischen 10 und 15% der Bevölkerung ausmacht, waren die Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild wichtig. Die Tutsi waren schlanker, größer und
hellhäutiger als die Hutu, was aber nicht auf alle
Personen zutraf. Entscheidend war vielmehr ein Stereotyp. Eine solche
Minderheit, die sich bereits durch das äußere Erscheinungsbild auszeichnet,
besitzt eine große soziale Sichtbarkeit. Wenn eine solche Minderheit am Boden
der Gesellschaft lebt, fallen ihre Mitglieder einer ständigen Verachtung anheim
und sie selbst entwickeln dementsprechende konträre Verhaltenseigenschaften. In
der Folge sind sie fast hoffnungslos auf ihre Gruppe angewiesen, und sie haben
fast keinerlei Chance, ihren Einfluß zu vergrößern. Das war bei den Twa der Fall, einer anderen kleinen Minderheit in Ruanda,
in deren äußeren Erscheinungsbild alle Züge betont sind, die die Meinung
stützen, daß der Mensch vom Affen abstammt. Die Tutsi
hingegen wurden als ‘schön’ angesehen, und das sollte den Anspruch auf eine
angeborene Überlegenheit stüzten. ... Weil ein Hutu nicht mit den äußerlichen Tutsi-Merkmalen ausgestattet war, konnte er die Kastenschranke nicht überwinden.
Wir
haben also hier genau die Gemengelage an tatsächlichen Unterschieden und
Vorurteilen, die bisher in der Welt noch stets irgendwann irgendwo die
schlimmsten Massenmorde ausgelöst hat und wieder auslösen kann. Aktive Politik
sollte deshalb alles daransetzen, das Entstehen einer solchen Gemengelage -
nämlich das Zusammenfallen von Unterschieden im äußeren (rassischen darf man ja
nicht sagen) Erscheinungsbild mit dramatischen sozialen Unterschieden, zu vermeiden.
Europäische und deutsche Politik scheint aber geradezu blind in diese Falle zu
tappen.
"Die Bundesrepublik hat kein Ausländerproblem, sie hat ein Türkenproblem. Diese muslimische Diaspora ist im Prinzip nicht integrierbar. Man soll sich nicht freiwillig Sprengstoff ins Land holen." Hans-Ulrich Wehler im
taz-Interview vom 10.9.2002.
"Die Zahl der Juden in Westeuropa ist gering, ... aber über unsere Ostgrenze dríngt Jahr für Jahr aus der unerschöpflichen polnischen Wiege eine Schar strebsamer hosenverkaufender Jünglinge herein, deren Kinder und Kindeskinder dereinst Deutschlands Börsen und Zeitungen beherrschen sollen; die Einwanderung wächst zusehends." Heinrich von Treitschke, 1879.
Diese und andere Vorahnungen bedeutender Historiker werden kritisch diskutiert in: Weiss, V.:
Wann schlägt eine demographische Krise in eine nationale Existenzkrise um?. Schriftenreihe der Deutschen Studiengemeinschaft 3 (2003) 47-65